Die Falken Gottes by Wilcke Michael

Die Falken Gottes by Wilcke Michael

Autor:Wilcke, Michael [Michael, Wilcke,]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik/Historische Romane, Erzählungen
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Ove Dahlgren lauschte.

Ausgestreckt auf seiner schmalen Bettstatt hielt er die Augen geschlossen und konzentrierte sich auf die Geräusche in seiner Umgebung. Er machte ein entferntes Hundebellen aus, das Gurren einer Taube, die direkt neben seinem Fenster hocken mochte, und das Rauschen der Baumkronen in seiner Umgebung.

Dahlgren hatte gelernt, auf diese Weise seinen Geist zur Ruhe zu bringen, als er so lange Zeit in einer winzigen Zelle im Karzer von Stockholm gefangen gewesen war. Es war ihm mit dieser Methode gelungen, die Einsamkeit aus seinem Kopf zu vertreiben. Die Monate der Isolation, die er in der Finsternis auf einem stinkenden Strohlager ausgestanden hatte, hatten düstere, schwermütige Gedanken heraufbeschworen. Er wußte, daß viele Gefangene unter diesen Umständen ihren Verstand verloren hatten. Seinen Willen aber hatten sie nicht brechen können. Als man ihn zurück in das große Gewölbe gebracht hatte, wo er zusammen mit mehr als dreißig anderen Inhaftierten an die Steinwände gekettet worden war, hatte ihn jedes Wort, jedes Stöhnen und schon ein verhaltenes Husten aufschrecken lassen. Es hatte Wochen gedauert, bis er sich an den Verlust der Stille gewöhnt hatte, und noch heute verabscheute er den Lärm, der in seinen Ohren schmerzte.

Dahlgren verschränkte die Hände hinter dem Kopf und hörte die schrille Stimme seiner Vermieterin, die im Hinterhof auf ihren närrischen Sohn einredete. Dieser Bursche von vielleicht zwanzig Jahren gebärdete sich wie ein Kleinkind, sprach schleppend und grinste schief, wann immer Dahlgren ihm über den Weg lief.

Er schenkte dem Simpel kaum Beachtung, und er hielt sich auch von der mageren Wittib fern, in deren Haus er vor einigen Tagen eine Dachkammer bezogen hatte. Er entlohnte sie großzügig für das schlichte Zimmer, denn das Haus der Wittib lag nur wenige Schritte vom Kolleg der Jesuiten entfernt. Von seinem Fenster aus konnte er sogar einen Teil der Kirche und das Schulgebäude überblicken.

Dahlgren atmete entspannt ein und aus. Die Wittib verpaßte ihrem Sohn eine klatschende Ohrfeige, worauf dieser ein klägliches Jaulen anstimmte. Dann war es wieder ruhig auf dem Hof, bis er einige Momente später das Poltern eiliger Schritte vernahm. Jemand stieg die Treppe zu seiner Dachkammer hinauf, und im nächsten Moment schlug eine Faust drängend gegen die Tür.

»Öffnet mir! Rasch!« Dahlgren erkannte Kjell Ekholms Stimme, die sich vor Aufregung fast überschlug. Bedeutete das womöglich, daß der Gast bereits im Kolleg eingetroffen war? Dahlgren hätte dessen Ankunft erst in ein oder zwei Tagen erwartet, aber wenn die Reiter rasch vorangekommen waren, konnten sie gewiß schon heute Münster erreicht haben.

Er erhob sich und ging zur Tür. Kaum hatte er sie aufgeschlossen, drängte auch schon Kjell Ekholm in seine Kammer. Dahlgren fiel auf, daß Ekholm ohne Hut und Mantel auf die Straße gelaufen war. Was, in Gottes Namen, mochte ihn so sehr zur Eile getrieben haben?

»Er ist hier«, rief Ekholm. »Hier in Münster.«

Dahlgren schloß schnell die Tür und ermahnte Ekholm, die Stimme zu senken. Die Wittib war eine neugierige Frau, und wahrscheinlich spitzte sie schon am Treppenabsatz die Ohren.

»Ruhig«, raunte Dahlgren und legte einen Finger vor den Mund. Er wartete einen Moment ab, dann fragte er: »Wovon sprichst du? Wer ist in Münster?«

»Magnus Ohlin.



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